Der alte jüdische Friedhof in Hüls

Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts siedelten jüdische Familien auf der Moersischen Straße und ab 1700 auch im kurkölnischen Flecken Hüls. Weil jüdische Friedhöfe außerhalb von Ortschaften liegen sollten, es im Bereich der Hülsisch-Moersischen Straße aber wenig Platz gab, legte die jüdische Gemeinde Ende des 17.Jahrhunderts ihren ersten Friedhof direkt hinter einem der letzten Häuser zur Bruchseite an. Er war von der Straße aus nur durch ein Hinterhaus zu erreichen.
Die Kapazität dieses Friedhofes war 1890 nahezu erschöpft. Nach jüdischen Kultus durften die Gräber aber nicht mehr berührt und der Friedhof neu belegt werden, sodass die Gemeinde ein Jahr später einen neuen Friedhof am heutigen Strathof anlegte.

Am 29.4.1937 erwarb die Familie Meyser, die im Haus vor dem Friedhof lebte, 95 Prozent seiner auf 600 Quadratmeter bezifferten Fläche für 1.000 Reichsmark. Es wird allerdings von Historikern vermutet, dass der Verkauf nicht ganz freiwillig geschah. Meyser selbst dagegen behauptete in einem Exposé, dass die jüdische Gemeinde ihm das Grundstück angeboten habe. Seitdem wurde der alte Friedhof als Streuobstwiese genutzt. Allerdings wurde der neue Besitzer verpflichtet, die Grabsteine stehen zu lassen und das Gelände nicht zu überbauen. Trotz dieser ursprünglichen Abmachung wurden die Steine entfernt.

Wo sie zunächst landeten, lässt sich heute nicht mehr einwandfrei feststellen. Berichte von Zeitzeugen legen nahe, dass die Grabsteine zunächst in der damaligen Synagoge eingelagert wurden. Wo sie nach der Reichsprogromnacht und der Zerstörung der Synagoge verblieben, blieb lange Zeit unbekannt.

Zwar war der alte Friedhof Eingeweihten bekannt, geriet in der Öffentlichkeit allerdings völlig in Vergessenheit. Doch dann geschah ein aufregender Fund. 2017 tauchten nämlich plötzlich Grabsteinfragmente dieses Friedhofes wieder auf. Ein Mitglied der Bürgerinitiative Lebenswertes Hüls, begann zu recherchieren und stieß dabei auf Informationen, dass 1995 bei Ausschachtungsarbeiten an einem Haus im Hülser Bruch Bruchstücke von Grabsteinen ans Tageslicht befördert worden waren. Buchstabenreste auf den Fragmenten ließen vermuten, dass es sich um jüdische Grabsteine handeln musste. Darum wurden Kontakte zur jüdischen Gemeinde und zur Presse aufgenommen. Zur Zwischenlagerung wurden die Fragmente auf den neuen jüdischen Friedhof Am Strathof gebracht.

2019 wurde der Friedhof unter der Nummer 33 in die Denkmalliste der Stadt Krefeld aufgenommen. Die Eintragung machte deutlich, welche Bedeutung das Gelände für die Denkmalpflege hat: „Aus bodendenkmalpflegerischer Sicht gehört der Friedhof zu den bedeutenden Zeugnissen neuzeitlicher Siedlungs- und Sozialgeschichte. […] Das vorrangige Ziel der Unterschutzstellung ist der Erhalt und die Sicherung der Begräbnisstätte.“

Aus einer solchen Klassifizierung des Friedhofs ergeben sich weitreichende Verpflichtungen. Aber es stellen sich nicht nur Verpflichtungen aus wissenschaftlicher und denkmalschützender Perspektive. Vielmehr ergeben sich moralische Verpflichtungen aus der besonderen Geschichte der Juden in Deutschland und damit auch in Hüls. Wie in Zukunft mit diesen Verpflichtungen umgegangen wird, ist offen.

Quellen:

MELLEN, Werner: Hülser Begräbnisstätten, in: Heimatverein Hüls [Hrsg.]: Hülser Heimatblätter 1997. H. 44, S. 215 -236
SCHUMACHER, Paul: Der alter jüdische Friedhof in Hüls, in: Heimatverein Hüls [Hrsg.]: Hülser Heimatblätter 2018, H. 65, S. 1239 -1242
GROßE-OETRINGHAUS, Hans-Martin: Geschichte und Zukunft des alten jüdischen Friedhofes in Hüls, in: Verein für Heimatkunde in Krefeld [Hrsg.]: DIE HEIMAT 95 (2024)

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